Der Welttag seelischer Gesundheit findet weltweit jährlich am 10. Oktober statt (ins Leben gerufen von der World Federation of Mental Health mit Unterstützung der WHO), um auf die Belange von psychisch erkrankten Menschen aufmerksam zu machen und um das Bewusstsein für die Bedeutung seelischer Gesundheit zu schärfen. Beinahe 12% der Weltbevölkerung leiden an psychischen Problemen, einer von 4 Menschen ist davon betroffen. Vor allem in Ländern mit niedrigem Einkommen fehlt es an Wissen und Aufklärung über seelische Erkrankungen und vor allem an finanziellen Möglichkeiten zur Diagnose und Behandlung.
In Nepal haben sich über 20 verschiedene Einrichtungen zusammengeschlossen, um mit einer Demonstration und Kundgebung auf die Missstände aufmerksam zu machen. Im Rahmen meiner Arbeit als volunteer bei Ankur konnte ich an der diesjährigen Demonstration teilnehmen. Der Zug nahm seinen Ausgang bei einer buddhistischen Stupa und führte zum größen Heiligtum der Hindus nach Pasupathinat. Sicherlich keine zufällige Wahl, da beide Religionen im Bewusstsein und im Alltag der nepalesischen Bevölkerung eine große Rolle spielen. Das Thema des diesjährigen Welttages „Psychische Gesundheit und ältere Menschen“ wurde durch eine pantomimische Darstellung bei der Abschlusskundgebung beeindruckend in Szene gesetzt.
In Nepal gibt es außer für Beamte keine Renten und außer einer Art von Sterbeheim im Tempel Pasupathinat gibt es keine Altersheime zur Versorgung. Die Kinder versorgen ihre Eltern im Alter im Rahmen der Großfamilie. Aber natürlich kommt es aus den unterschiedlichsten Gründen zu manchen Missständen in diesem System: die alten Menschen leiden unter psychischer Vernachlässigung, sozialer Isolation und mangelnder körperlicher Versorgung.
In den hellen Mondnächten des Monats Ashwin (September/Oktober) wird das längste und größte Fest Nepals gefeiert: Dashain oder Durga Puja. Das Kalendersystem in Nepal ist sehr kompliziert, denn es gibt mehrere konkurrierende Modelle, die gleichzeitig geführt werden, je nach Religion oder Volkszugehörigkeit. Und es gibt hier an die 100 Volksgruppen und fast eben soviele Sprachen und Dialekte. Das von offiziellen Stellen verwandte System wird Bikram Sambat (BS) genannt und zählt ab dem Jahr 57 v. Chr.. Das bedeutet, dass wir nun das Jahr 2070 haben. Bei mir hat es einige Zeit gedauert, bis ich das herausgefunden habe. Zuerst war ich doch ziemlich erstaunt über diese Jahresangabe.
In der Zeit nach dem Monsun sollte eigentlich der Himmel blau, die Luft klar und der Reis erntereif sein. Doch in diesem Jahr hat es leider sehr viel und ergiebig geregnet, eine Folge des Taifuns Phailin in Südindien. Und zumindest für die Bauern ist dieses andauernde schlechte Wetter eine Katastrophe. Bei Beginn der Feiertage werden die Häuser mit Blumen geschmückt und an vielen Orten werden Schaukeln aus dicken Bambusstämmen für die Kinder aufgebaut. Bei unserem Ausflug nach Nagarkot haben wir solche Schaukeln gesehen. Während der ersten Tage soll die Göttin Durga, die Siegerin über die bösen Mächte, durch Opfergaben besänftigt werden. Deshalb findet man auf den Märkten zu dieser Zeit unzählige Tiere wie Schafe, Ziegen, Enten oder Hühner, die als Opfertiere verkauft werden.
An einem der vielen Feiertage wird das Blut der geopferten Tiere über alle Arten von Fahrzeugen gespritzt, um diese zu schützen. Dies geschieht während einer kleinen Zeremonie, einer puja. Zusätzlich werden Gebete gesprochen und die Fahrzeuge mit Blumen geschmückt. Seht ihr die angebundenen Ziege? Leider auch wieder sehr viel Regen an diesem Tag.
Diese Zweiräder wurden besonders prächtig geschmückt. Ich denke, die Fahrer der Motorräder hier haben göttlichen Beistand auch besonders nötig.
Der zehnte Tag von Dashain, genannt Dashami, ist ein großes Familienfest, an dem die Kinder ihre Eltern besuchen und die Tika, einen Segen, bekommen. Ganz Nepal ist an diesem Tag, und auch davor und danach, unterwegs. Die meisten Geschäfte, Cafes und Restaurants sind geschlossen, das öffentliche Leben kommt fast zum Erliegen. Es fahren kaum Busse, die wenigen Taxifahrer verlangen saftige Dashain-Aufschläge. Und bei dem schlechten Wetter kann man eigentlich nicht zu Fuß unterwegs sein.
Wir werden von Som Paneru, dem Präsidenten von NYF, eingeladen, diesen Tika-Day im J-House mit zu erleben. Es werden über 100 Kinder und Jugendliche aus den verschiedenen Wohnheimen, dazu viele Ehemalige und Mitarbeiter erwartet. Für uns alle sicherlich ein großes Erlebnis, wir freuen uns auf diesen Tag. Voller Erwartung ergattern wir eines der wenigen Taxis und fahren zu J-House hinauf. Dort ist schon im Garten ein großes Zelt aufgebaut, aber heute regnet es so kräftig, dass die Zeremonie zum großen Bedauern aller Beteiligten im Haus stattfinden muss. Die letzten Vorbereitungen werden getroffen: die rote Farbe, gemischt mit Sandelholz und Reis, wird zusammen mit frischen Gräsern auf Tablets gerichtet, später werden noch dicke Geldbündel dazu gelegt. Währenddessen vertreibt Albert den Jüngsten die Zeit und zeigt ihnen, wie man ein Kartenhaus baut. Unter den Gästen sind noch einige junge volonteers, darunter eine junge Frau aus Dresden und eine aus Wien.
Dann kommen Olga-Didi, Som und seine Frau – sie begrüßen alle sehr herzlich und die Verteilung der Tikas beginnt. Sie nehmen hinter einer langen Tischreihe Platz, dazu kommen Baburam, der Hausvater von J-und K-House und weitere Mitarbeiter. Es ist ergreifend zu sehen, mit welchem Ernst, aber auch mit welcher Freude hier der Segen gespendet wird. Die Jüngsten sind am ungeduldigsten und sind somit die Ersten in der langen Reihe. Neben dem roten Mal auf die Stirn und einigen Grashalmen hinter die Ohren bekommen alle noch kleinere Geldbeträge; dazu werden Segensformeln gesprochen.
Wir drei sind fast die Letzten. Bewegt und angerührt vollziehen wir dieses Ritual des gegenseitigen Respekts.
Bei allen Festen ist es auf der ganzen Welt üblich zu essen, viel zu essen. So auch bei Dashain. Die große Plane im Garten schützt vor dem heftigen Regen; viele suchen etwas frische Luft beim Essen und finden sich hier ein. Bei dieser Gelegenheit kommen wir mit den beiden jungen Frauen über ihre Erfahrungen als volunteers ins Gespräch. Für uns ein sehr interessanter Austausch über die verschiedenen Erwartungen und Erfahrungen zum Abschluss von Tika Day.
Am Donnerstag, den 3.10.2013, hatten Anne und ich die Gelegenheit, mit Chhori Laxmi Maharjan und Sunita Rimal nach Dhulikhel zu fahren. Dieser Ort, von dem man bei gutem Wetter einen schönen Blick auf die Berge des Himalaya haben soll, liegt ungefähr 25km östlich von Kathmandu am Araniko-Highway. Dieser Highway ist eine wichtige Verbindungsstraße zwischen Nepal und Tibet. Leider regnet es heute beständig, die Wolken hängen tief, so dass wir von dem berühmten Blick auf die schneebedeckten Berge nichts mitbekommen. Dieses Panorama genießen wir drei aber ausgiebig bei unserem Ausflug nach Nagarkot eine Woche später. Wer mag, kann darüber den post lesen. Bei der Fahrt nach Dhulikhel kommen wir an der mit 33m wohl höchsten freistehenden Shiva-Statue der Welt vorbei. Leider kann ich nur aus dem beschlagenen Seitenfenster unseres Minibusses fotografieren.
Am Ortseingang von Dhulikhel findet im Hotel Arniko ein fünftägiges ECD-Training statt. Diese Abkürzung steht für early child development, frühkindliche Entwicklung. Dieses Training wird von NYF organisiert und finanziert, es findet an verschiedenen Orten in Nepal statt. Zielgruppe sind Frauen, die als Kindergärtnerinnen in kommunalen und privaten Kindergärten arbeiten und damit eine vertiefende Weiterbildung erhalten. Der Donnerstag ist der letzte Tag dieser Veranstaltung hier. Zuerst findet eine allgemeine Begrüßung statt, wir alle stellen uns kurz vor. Dann folgt ein kurzes good-morning-Lied, bei dem wir uns die Hände schütteln und uns einen guten, erfolgreichen Tag wünschen. Dieses Lied singen die Frauen wohl auch jeden Morgen mit den Kindern. Eine der Teilnehmerinnen referiert kurz den Stoff des gestrigen Tages. Gestern wurden verschiedene einfache Drucktechniken und Papierarbeiten geübt. So z.B. Zwiebel- oder Kartoffeldruck, das Kleben mit kleinen Papierkügelchen. Dann folgt noch ein Lied über eine kleine Spinne, die den Arm hinauf- und hinunterkrabbelt. Wir alle singem mit großer Freude mit.
Bis jetzt können Anne und ich der Veranstaltung noch gut folgen, denn es wird auf Englisch gesprochen und gesungen. Die beiden folgenden Vorträge sind nun auf Nepali. Allerdings gibt uns die Leiterin der Veranstalung immer kurze Zusammenfassungen auf Englisch, so dass wir den Referentinnen doch einigermaßen folgen können. Thema des ersten Vortrags, gehalten von der Leiterin des ACC Chhori Laxmi Maharjan, ist die kindliche Entwicklung in den Jahren zwischen 2,5 und 5 Jahren. Dabei geht sie auch auf die Entwicklungsmodelle von Piaget und Erik Eriksson ein. Den zweiten, längeren Vortrag hält die Leiterin des NRH Sunita Rimal. NRH steht für Nutrition Rehabilitation Homes und ist eines der vielen Hilfsprogramme von NYF. Eines dieser Häuser in der Nähe von Patan haben wir vor einiger Zeit besuchen können und dabei Frau Rimal kennen gelernt. Frau Rimal spricht über die Notwendigkeit einer ausgeglichenen Erährung und dass keine teuren Fertigprodukte dazu notwendig sind, wie oft fälschlicherweise angenommen wird. Viele Mütter verkaufen wohl Produkte aus dem heimischen Garten, um von dem Erlös Fertigprodukte und fast food zu kaufen. Viel besser geeignet für die Ernährung der Kinder sind jedoch frisch zubereitete Speisen werden. Die Nahrungsmittel dazu können im eigenen Garten angebaut werden oder billig auf dem heimischen Markt gekauft werden. Ganz wichtig dabei ist zu wissen, in welcher Zusammensetzung und Zubereitung der größte Nährwert liegt. Dazu bietet NYF auch eigene Kurse und Schulungen an.
Danach haben wir noch Gelegenheit für ein kurzes Gespräch mit einem der Referenten der Vortage, der uns das ausgelegte Material präsentiert. Währenddessen üben die Teilnehmerinnen das Falten von kleinen Papierfischen. Ein leckeres Mittagessen, es gibt Dal Bhat, rundet diese Veranstaltung ab. Dabei unterhalten wir uns mit den beiden Referentinnen über die verschiedenen Probleme und Schwierigkeiten von Kindern und Jugendlichen. Dabei stellen wir fest, dass in dieser Hinsicht kein großer Unterschied zwischen Nepal und Deutschland besteht.
Bei der Vorstellung der verschiedenen Programme zur Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Nepal durch NYF lernen wir auch die berufliche Ausbildung kennen. Die Leiterin des Vocational Training nimmt uns mit nach Banepa, einer Kleinstadt ca 10 KM von Kathmandu entfernt. Dort gibt es ein großes Zentrum für Berufsbildung für ca 250 Jugendliche mit angegliedertem Internat mit ungefähr 100 Plätzen. Gebaut wurde diese große und moderne Anlage vor wenigen Jahren von der chinesischen Regierung.
Anlass der heutigen Fahrt hierher ist der Besuch von zwei jungen Frauen, die durch NYF hier ein Stipendium bekommen. Die beiden absolvieren eine Ausbildung im Bereich Hotelwesen. Dieser Ausbildungsberuf ist, so haben wir es verstanden, ein Pilotprojekt in Nepal. So lernen die beiden u.a. in Übungszimmern den Zimmerservice, in einer Lehrküche kochen sie Gerichte aus der chinesischen, nepalischen und kontinentalen Küche. Sogar ein großer Backofen für Pizza ist vorhanden. Die beiden Jugendlichen sind sehr schüchtern, ein Gespräch ist dadurch leider nicht möglich.
Das große Dhasainfest wirft seine Schatten voraus, die meisten Schüler haben ihre Abschnittprüfungen absolviert. Sie sind daher schon in den Ferien und nach Hause gefahren. Das große Schulgelände ist daher schon ziemlich verwaist. Nur eine große Hundemeute beäugt uns aufmerksam.
Die beiden anderen Berufe, die hier gelernt werden können, sind aus dem Bereich der Computer- und Elektrotechnologie. Die Ausbildungsdauer beträgt jeweils 3 Jahre. In die erste Computerklasse können wir kurz reinschauen. Die Jugendlichen haben vor kurzer Zeit erst mit der Ausbildung hier begonnen und noch keine Prüfungen hinter sich.
Bei einem abschließenden Gespräch mit dem Schulleiter erfahren wir bei einer Tasse Tee weitere Einzelheiten zum nepalischen Ausbildungs- und Prüfungssystem. So sind z.B. die Prüfungen zentral, d.h. landesweit organisiert.
Zur Abrundung unseres Eindrucks besuchen wir noch einen kürzlich ausgelernten Elektrotechniker, der vor einigen Wochen seine erste Stelle angetreten hat. Der junge Mann arbeitet bei einer kleinen Firma, die Elektroinstallationen in Wohnhäusern durchführt.
Dies ist insofern nicht ganz einfach, da viele Häuser über zwei Stromkreise verfügen. D.h. auch zwei Lichtsysteme. Das eine läuft über Netzstrom mit 220 V, so wie bei uns. Das zweite wird durch eine Photovoltaik-Anlage und/oder große Akkus betrieben und läuft mit 12V. Das bedeutet für die Bewohner eine große Investition. Diese liegen, so erfahren wir im Gespräch mit der Hausbesitzerin, zwischen 15.000 und 100.000 Rupien, d.h. zwischen 120 und 750 €. Die Unterschiede liegen in der Größe der Anlage begründet. Reine Lichtversorgung ist viel billiger als die Versorgung mit Notstrom für PC und andere Verbraucher. Bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von ca 20-30 € sind das ganz schöne Summen! Diese Anlagen sind notwendig, da die Stromversorgung hier nicht verlässlich funktioniert. Es gibt eigene load-shedding-Pläne über die Ausfallzeiten. Darüber hinaus gibt es auch unvorhergesehene Ausfallszeiten. Für die hiesige Wirtschaft und Industrie ein Riesenproblem.
Nach den überaus positiven Erfahrungen beim Bau des Spieles der Spiele, dem Klammerfußballspiel, mit den Kindern und Jugendlichen von K- und J-House überlegten wir uns, diesen workshop den Mitarbeitern des Ankur Counseling Centers anzubieten. Deren Interesse war zum einen durch die Erzählungen und Schilderungen der Jugendlichen geweckt worden, die bei ihnen regelmäßig zur Beratung kommen. Auch hatten wir einen Stapel Abzüge machen lassen und konnten so zusätzlich einen lebendigen Eindruck vermitteln. Auch in Gesprächen mit Chhori Laxmi, der Leiterin des ACC, konnte Anne das geweckte Interesse noch verstärken. Zum einen ging es darum, den Mitarbeitern die handwerlichen Fähigkeiten zu vermitteln, wie man ein solches Brettspiel baut, angefangen von der Auswahl und Vorbereitung des Materials und der Werkzeuge bis zum praktischen Umgang mit Hammer, Säge, Leim, Farbe und Pinsel etc.. So lernen sie durch eigene Erfahrung wie sie später selbst einen solchen workshop mit Kindern planen und durchführen können. Auch Fragen, welches Brettspiel pädagogisch sinnvoll für welche Kinder und welches Alter ist, wurden diskutiert. Und viele andere Vorüberlegungen mehr. Zum anderen ging es darum, die pädagogischen und psychologischen Aspekte, die beim Bau eines Brettspieles zum Tragen kommen, durch die eigene Erfahrung erlebbar zu machen und damit auch all die Erfahrungen, die die Kinder und Jugendlichen bei den workshops gemacht hatten, nachvollziehen zu können: Die Freude am eigenen Tun, etwas Wachsen zu sehen, mit anderen zusammen zu arbeiten, anderen zu helfen, sich gegenseitig zu ermutigen und sich gegenseitig zu loben und am Ende ein fertiges Produkt in Händen zu halten, das sie aus eigener Kraft selbst hergestellt hatten. So kann der Bau von Brettspielen ein weiterer methodischer Ansatz für die Entwicklung von Selbstbewusstsein und der Erfahrung von Selbstwirksamkeit in gruppentherapeutischen Prozessen mit Kindern und Jugendlichen sein.
Bevor wir den workshop durchführen, richtet und ordnet Albert zuerst das ganze Material, die Farben, das Werkzeug. Auch die hier obligatorische Tasse Tee fehlt nicht.
Dann erklären Anne und Albert den drei Mitarbeitern und der Leiterin der Beratungsstelle die Bedeutung und Wichtigkeit der Vorbereitungen und der Ordnung der bereitgelegten Materialien und Werkzeuge.
Nun beginnt der handwerliche Teil. Dabei ist es interessant zu beobachten, wie die anfangs vorsichtigen und vielleicht auch skeptischen Erwachsenen nach und nach von ihrem Tun begeistert werden.
Einige abschließende Handgriffe, die Bandenwerbung wird noch aufgeklebt. Dann erklärt Anne noch kurz die Spielregeln und die Erwachsenen spielen mindestens genauso begeistert wie die Jugendlichen.
Bei dem Abschlußgspräch stellen alle Teilnehmer fest, dass man verschiedene Kompetenzen benötigt, um ein solches Spiel herzustellen, so z.B. Konzentration und Ausdauer. Und noch eine ganz wichtige Erkenntnis: Fehler lassen sich korrigieren. Bisher benutzen die Kinder und Jugendliche fertige Spiele, sie spielen nur. Binay sagt, dass er sich doch sehr darüber gewundert habe, mit welch einfachen Mitteln man ein so komplexes Spiel herstellen kann. Auch kamen alle unsere obengenannten Vorüberlegungen zur Sprache. Wir hoffen nun, dass wir mit diesem ersten workshop einen kleinen Grundstein gelegt haben. Weitere workshops mit den Mitarbeitern und den Kindern und Jugendlichen hier im ACC werden von uns geplant. Wir werden berichten.
Bepackt mit unseren Bausätzen für ein Klammerfußballspiel fuhren wir am Samstag, 28.9.2013, mit dem Taxi zuerst zum K-House, dem Mädchenheim der NYF. Albert hatte zuhause mehrere Bausätze sehr gut vorbereitet und alles im Koffer hierher mitgebracht. Dazu gehören zugeschnittene Brettchen als Spielfeld, der Kunstrasen, bunte Perlen zum Zählen der Tore, eine Wäscheklammer, ein Gummiband, ziemlich viele Nägel. Obendrein einen Hammer, eine Säge und Holzleim. Hier in Nepal haben wir Farben und Pinsel gekauft. (Über das Einkaufen hier gibt es einen extra post.) Wir wurden mit großem Hallo von den Mädchen begrüßt, die uns von unserem ersten Besuch hier schon kannten. Und sie waren natürlich sehr neugierig auf das, was wir in unseren Taschen mitbrachten. Wir selbst waren ebenso gespannt und neugierig auf den Verlauf des geplanten workshops. Nach dem ersten Kennenlernen der Mädchen hatten wir abends mehrmals darüber gesprochen. Auch Rajan Pandit, der Assistant Program Officer der NYF, und Baburam, der Leiter der beiden Wohnheime K- und J-House, sind sehr gespannt auf den Verlauf dieser Aktion. Wir drei haben das Gefühl, das es für alle Beteiligten ein Pilotprojekt ist.
Die Entscheidung für dieses Spiel fiel deswegen leicht, da Fußball überall auf der Welt gerne gespielt wird und auch in Nepal das Interesse für Fußball sehr groß ist. Jedes Kind kennt hier die Namen einiger deutscher Spieler, wenn auch die Aussprache von Namen wie ¨Schweinsteiger¨ oder ¨Müller¨ nicht so leicht fällt. Zudem kann gerade dieses Spiel von Kindern (fast) jeden Alters gespielt werden. Uns kommt es aber nicht nur auf das Ergebnis des workshops an. Denn auch das Herstellen des Spiels selbst stellt unseres Erachtens für die teilnehmende Kinder und Jugendlichen eine wichtige Erfahrung dar. Die Resonanz bei den hiesigen Erwachsenen, als sie von unserem Vorhaben hören, ist sehr zurückhaltend. Solche Werkerfahrungen scheinen für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für die Erwachsenen, völlig neu zu sein. Daran merken wir, wie schwierig es für uns ist, Einblicke in die Erfahrungswelt der nepalischen Kinder und Jugendlichen zu bekommen.
Aber all die Überlegungen und Bedenken sind nach der ersten Begrüßung vergessen. Auf einer großen, luftigen Terrasse richtet Albert die einzelnen Teile und Werkzeuge auf einem großen Tisch. Dabei ist auch ein Metermaß. Die Mädchen sind ganz fasziniert davon, sie klappen es Teil um Teil aus und staunen dabei, wie sehr sich dieses Ding entfalten lässt. Anne fängt an, die Körpergröße der einzelnen Mädchen zu messen. Eine große Gaudi für uns alle. Meine 1,86m sind heute zumindest ungeschlagen.
Dann stellt Anne allen 17 Mädchen von K-House das Projekt vor. Diese sind nun mucksmäuschenstill und lauschen gespannt.
Nun geht es los mit Schleifen, Leimen, Nageln. Jede darf einmal ran, aber nicht alle haben den Mut dazu. Dann werden sie von anderen unterstützt oder angeregt. Sogar die Allerkleinste ist mit großem Eifer und großer Freude dabei. Wir sind erstaunt, mit welchem Elan, aber auch Disziplin und Konzentration die ganze Aktion vorangeht. 17 Mädchen und nur ein Bausatz: ob das auch in Deutschland so möglich wäre?
Albert führt die einzelnen Arbeitsschritte vor, zeigt den Gebrauch des benötigten Werkzeugs und Materials, ab und zu macht er ein Witzchen. Die Mädchen verstehen sich mit Albert prächtig und setzen das Gesehene sofort ins eigene Handeln um!
Dann wird noch die Bandenwerbung aus Zeitungen ausgeschnitten und außen auf das fertige Spiel geklebt. Die zwei Spielfiguren, die aus den beiden Hälften einer hölzernen Wäscheklammer aus Italien bestehen, werden noch bemalt. Albert verwendet diese Klammern besonders gerne, da sie besonders groß und daher für kleine Hände sehr gut geeignet sind.
Nach gut zwei Stunden ist das Fußballspiel fertiggestellt und die Mädchen sind zu Recht sehr stolz auf ihr Werk. Nochmal kurz die Regeln erklärt und dann wird mit großem Vergnügen gespielt.
Anne, Albert und ich werden zum lunch hier im K-House eingeladen. Es gibt leckeres Dal Bhat, das nepalische Alltagsessen. Es besteht aus gekochtem Reis, verschiedenen Gemüsen und als Soße dazu eine Art Linsensuppe. Uns schmeckts gut. Dazu einen Becher kaltes oder heißes Wasser.
Gestärkt durch das leckere Essen und gut gestimmt durch diese positive Erfahrung machen wir uns auf den kurzen Fußweg zum J-House, dem Wohnheim der Jungen. Auch hier werden wir sehr freundlich begrüßt. Albert und ich waren in dieser Woche ja schon mal zum Spielen hier gewesen. Wir drei sind sehr darauf gespannt, wie diese Aktion mit den 19 Jungs verlaufen wird. Genauso entspannt? Albert richtet wieder die Materialien, Anne erklärt den Ablauf und los gehts. Zu unserem großen Erstaunen sind die Jungen mindestens genauso diszipliniert, aber auch hilfsbereit, sich gegenseitig unterstützend und anregend wie die Mädchen.
Die Jungs spielen dann mit großer Leidenschaft das neue Spiel ¨Klammerfußball¨. Und zumindest für heute wird auf dem Spielfeld hinter dem Haus kein Fußball mehr gespielt!
Für alle, die sich das Spiel ¨Klammerfußball¨, das Spiel der Spiele, nachbauen wollen, hier der link zum Bauplan auf Seite 62 im Heft 11 der Zeitschrift ¨Holzidee¨: Bauplan ¨Klammerfußball¨